Disclaimer: Das Urteil vom Landgericht Hamburg …

Seit nun über 15 Jahren ziert ein Märchen immer noch viele Webseiten: Ein Text im Impressum a la „Mit Urteil vom 12. Mai 1998 … hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass man … Links … ggfs. mit zu verantworten hat. … Hiermit distanziere ich mich ausdrücklich von allen verlinkten Seiten und mache diese Inhalte nicht zu eigen.“. Dabei findet sich dieser Absatz nicht nur in vielen privaten Webseiten, sondern auch in professionellen Auftritten.

Warum sich von Links distanzieren?

Was nun? Die Seite bietet mir einen Link an, sagt aber gleichzeitig dass sie davon nichts wissen will? Erstmal ist das inhaltlich schon sehr fragwürdig. Und zweitens ist es rechtlich nicht nur fragwürdig, sondern dazu total irrelevant:

Um es kurz zu machen: Im deutschen Recht ist es unmöglich, mittels eines Disclaimers das vorhandene Recht außer Kraft zu setzen.

Das Urteil vom Landgericht Hamburg: Der Hintergrund

Der Hintergrund dieser Legende ist folgende: Das Landgericht Hamburg urteilte damals über die Haftung von Links, der Klagepunkt waren damals beileidigende Seiten. Das lustige daran: Die betroffene Homepage hatte einen Disclaimer, den die Richter als bedeutungslos darstellten. Nur wenn an der Homepage allgemein erkennbar gewesen wäre, das er den Links nicht zustimmt, wäre es relevant; „sich ausreichend davon distanziert hätte‘ wie es im Gerichtsdeutsch heißt.

Denn das Landgericht Hamburg meinte es genau anders als viele viele Seitenbetreiber meinen: Es reicht nicht eine irgendwo versteckte Klausel, sondern es kommt auf gesamte Seite an.

Und wenn das immer noch nicht Grund genug ist um diesen Absatz ein für allemal zu streichen: Das Urteil ist nicht einmal rechtskräftig!

Was also tun?

Wenn sie selbst eine Webseite gebaut haben: Löschen sie diesen Landgericht Hamburg Absatz. Und falls eine Agentur dies verbrochen hat: Tut mir leid, sie hat von ihrem Geschäft keine Ahnung und sie sollten wirklich überlegen obes der richtige Dienstleister für sie ist.

 

tl;dr: Streichen sie diesem rechtlich irrelevanten Absatz aus ihrem Impressum.

 

Und falls sie interessiert: Hier das Urteil viel zitierte Urteil vom Landgericht Hamburg …

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet aus § 823 I, II BGB i.V.m. §§ 186 StGB, 824 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie der Ehre des Klägers.

Der Beklagte hat dadurch, dass er einen sog. Link auf die Webpage – Anlage JS 2 – in seiner Homepage aufgenommen hat, die auf der Anlage JS 2 befindlichen ehrverletzenden sowie beleidigenden Tatsachenbehauptungen als auch Meinungsäußerungen zu seinen eigenen gemacht.

Nach Auffassung des erkennenden Gerichts wie auch wohl des Beklagten, denn er hat die Unterlassungserklärung abgegeben, überschreitet der Text der Anlage JS 2 an mehreren Stellen die von Art. 5 GG geschützte Meinungsfreiheit, in dem die durch Güterabwägung zu ermittelnde Grenze zum Ehr- und Persönlichkeitsrechtsschutz nicht eingehalten ist. Angesichts der von dem Beklagten abgegebenen Unterlassungserklärung erübrigt sich eine detaillierte Darlegung der Beleidigungen im einzelnen. Hinsichtlich des klagweise weiterverfolgten Schadensersatzanspruchs ist auszuführen, dass entgegen der Auffassung der Beklagten die Aufnahme des Links weder von der „Haftungsfreizeichnungsklausel“ – so sie denn am 17.02.1998 überhaupt aufgenommen gewesen ist – noch von dem ohnehin erst im nachhinein erstellten sog. „Markt der Meinungen“ gerechtfertigt wird.

Wie in der Entscheidung des BGH vom 30.01.1996, NJW 96, 1131 ff. ausgeführt, kann das Verbreiten einer von einem Dritten über einen anderen aufgestellten herabsetzenden Tatsachenbehauptung dann eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen, wenn derjenige, der die Behauptung wiedergibt, sich nicht ausreichend von ihr distanziert. Eine solche ausreichende Distanzierung hat der Beklagte jedenfalls nicht dadurch vorgenommen, dass er auf die eigene Verantwortung des jeweiligen Autors verweist. Dies ist keine Distanzierung, sondern vielmehr eine nicht verantwortete Weitergabe und damit eine eigene Verbreitung.

Auch von einem nach Meinung des Beklagten dank seiner Recherchen über den Kläger aufgestellten Zusammenschau von über den Kläger erfolgten Publikationen im Sinne der zitierten BGH-Entscheidung vorliegenden Markt der Meinungen, der etwa die Aufnahme des Links legitimieren könnte, kann nicht die Rede sein. Es geht dem Beklagten nicht darum, wie aber in der zitierten Entscheidung des BGH der Fall, ein Kaleidoskop von Behauptungen in einer die Öffentlichkeit berührenden Angelegenheit möglichst umfassend in alle möglichen Richtungen vertiefend wiederzugeben, um der Wahrheitsfindung nachzuhelfen. Der Beklagte hat vielmehr hier eine Zusammenschau ehrverletzender Artikel über den Kläger erstellt. Die auf der Webpage Anlage JS 2 enthaltenen ehrverletzenden Behauptungen sind darüber hinaus so schwerwiegend und nachhaltig, dass der Beklagte vom Grunde her nicht allein zur Abdeckung des materiellen, sondern auch des immateriellen Schadens verpflichtet ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert